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Klinische Informationen --
S. Donta: Spät- und chronische Borreliose ...
SPÄT- UND CHRONISCHE LYME-BORRELIOSE:
Gemeinsamkeiten der Symptome mit Chronischem Müdigkeitssyndrom und
Fibromyalgie
Original (Version 15. Mai 2002)
von
Dr. med. Sam T. Donta
Professor der Medizin
Direktor der Abteilung für Infektionskrankheiten und Biomolekular-Medizin
Bereich Lyme-Borreliose am
Boston University Medical Center
Sam T. Donta MD
Boston Medical Center
650 Albany Street, 8th floor
Boston MA 02118
USA
Tel. 001-617- 638-6017, Fax 001-617-638-6009
Email: sam.donta@bmc.org
ÜBERSETZUNG mit freundlicher Genehmigung des Autors
von
Maya Mayruff
für die Selbsthilfegruppe
Kassel
Mein Dank gilt Herrn Dr. Joachim Gruber für die freundliche Unterstützung,
fachliche Beratung und Links.
Einführung
Nach dem Eindringen des Borrelia burgdorferi in die Haut durch eine infizierte
Zecke fangen die Organismen an, sich zu verteilen - sowohl lokal als auch
systemisch.
Typischerweise vergehen einige Tage, bevor erste Anzeichen der Infektion
erscheinen, d. h. ein Erythema Chronicum Migrans (ECM), oder andere
weniger typische Ausschläge/Rötungen (29).
Die Rötung erscheint bei weniger als 50 % der Patienten
mit Lyme Borreliose (8,10), aber die
tatsächliche Häufigkeit von Lyme-Borreliose bei Fehlen einer
Rötung ist unbekannt.
Das Vorkommen von mehrfachen (multiplen) Rötungen ist ein Anzeichen
einer systemischen Streuung der Organismen. Multiple Rötungen erscheinen
normalerweise nicht vor 2 - 4 Wochen nach dem anfänglichen Zeckenbiss.
Dies ist der gleiche Zeitraum, während dessen die Organismen in ihr
Ziel-Gewebe und die von ihnen angestrebten Zellen wandern. Die Häufigkeit
von multiplen Rötungen wurde ursprünglich in bis zu 50 % der
Fälle berichtet, ist aber seit 20 Jahren weniger häufig, wahrscheinlich
aufgrund des häufigen Gebrauchs von Antibiotika.
Etwa 4 - 6 Wochen nach dem Zeckenbiss treten bei einigen Patienten erste
systemische
Symptome (andere als multiple Rötungen) auf, gewöhnlich in Form
einer "Grippe" (15). Diese Symptome umfassen
-
Halsschmerzen,
-
starke Kopf- und Nackenschmerzen und
-
schwere Erschöpfung,.
-
Rhinitis,
Sinusitis
und Husten sind gewöhnlich nicht vorhanden, was diese "Grippe" von
anderen grippe-ähnlichen Krankheiten unterscheidet.
Die Lyme-Grippe-Symptome können spontan zurückgehen, die Patienten
können aber auch an (ständig) wiederkehrender "Grippe" leiden.
Schon bald nach dem Beginn der Lyme-Grippe können
auftreten.
Die Arthralgien scheinen vorrangig die grossen Gelenke zu betreffen
(d. h. Knie, Ellbogen, Hüfte, Schulter), obwohl auch kleinere Gelenke
(z. B. Handgelenk, Hände, Finger, Zehen) davon betroffen sein können
(29).
Manche Patienten haben eine tatsächliche Arthritis,
häufig oligo-artikulär
(in
wenigen Gelenken), Männer häufiger als Frauen. Frühere Schätzungen
sprachen davon, dass 50 - 75 % der Patienten, die eine Spätborreliose
entwickeln, Arthritis haben, aber neuere Untersuchungen legen nahe, dass
die Häufigkeit von tatsächlicher Arthritis bei Patienten mit
chronischer Lyme-Borreliose oder mit Spätborreliose bei weniger als
25 % liegt (33).
Nackensteifigkeit ist verbreitet. Die Schmerzen werden beschrieben
als heftig, von Gelenk zu Gelenk springend und eventuell nur kurzfristig.
Zahnschmerzen oder Schmerzen in den Kiefergelenken sind
nicht unüblich.
Rippen- und Brustschmerzen erscheinen häufig und veranlassen
einige Patienten, Hilfe bei den Notaufnahmen zu suchen, um eventuelle kardiologische
(d.h. Herz-) Erkrankungen auszuschliessen.
Ebenfalls häufig sind Parästhesien wie
-
Brennen,
-
Taubheit,
-
Prickeln und
-
Jucken. Manche Patienten erleben
-
Krabbelgefühle,
-
Zittern/Beben oder
-
elektroschockähnliche Empfindungen.
-
Selten besteht eine tatsächliche Lähmung der betroffenen Gebiete,
was eher auf eine neuro-sensorische
als auf eine motorische
Erkrankungen schliessen lässt.
Zusätzlich zu den Parästhesien gibt es reine neurologische
Symptome und Zeichen, z.B.
Andere Symptome können einschließen
-
Fieber (üblicherweise niedriges, doch es kann auch hoch sein),
-
Schwitzen (kann stark sein),
-
Sehstörungen (vorrangig beschrieben als unscharfes Sehen, aber auch
als Optikusneuritis
oder Uveitis),
-
Tinnitus,
-
Geräuschempfindlichkeit oder Hörverlust.
Ebenfalls häufige Symptome sind
-
Kurzatmigkeit,
-
Herzklopfen und/oder Tachykardie,
-
Bauchschmerzen,
-
Durchfall oder Reizdarm,
-
Hoden- oder Beckenschmerzen,
-
häufiges Harnlassen oder Harndrang,
-
Gleichgewichtsstörung und
-
Tremor.
-
Einige der Dysautonomie-Symptome
(Fehlfunktionen des autonomen Nervensystems) können eine Behinderung
darstellen.
-
Seltenere Symptome können mit Pannikulitis
und Hepatitis
in Verbindung gebracht werden.
-
Ebenso selten sind kongenitale
und intrauterine
Infektionen, in diesem Fall erscheinen sie einer Toxoplasmose
und Rötelnerkrankung ähnlich, d. h. als eine Erstinfektion während
des ersten Trimesters (3-Monatszeitraum).
-
Das Vorkommen von Optikusneuritis oder Uveitis weist auf andere Möglichkeiten
wie Multiple Sklerose hin, kann ebenso aber Teil einer Lyme-Borreliose
sein.
Der Verlauf der Erkrankung kann am besten mit persisitierend
beschrieben werden, aber mit Perioden, innerhalb derer sich die
Symptome verschlechtern (und dann wieder bessern, Anm. des Übersetzers),
häufig in Zyklen der Dauer von einigen Wochen oder einem Monat. Ausgesprochen
beunruhigend sind persisitierende Symptome wie Kopfschmerzen und Müdigkeit
bis zur Erschöpfung. Einige Patienten weisen stärkere Symptome
auf als andere, was genetisch bestimmte Unterschiede im Ansprechen auf
oder das Ausmass der Infektion widerspiegelt.
Die Krankheit scheint nicht progressiv und nicht destruktiv zu sein,
wie etwa Krebs, noch verläuft sie tödlich. Aber sie kann bis
zur Behinderdung beeinträchtigend sein.
Das Vorhandensein einer asymptomatischen
Infektion ist bisher nicht adäquat definiert worden. Es scheint eine
beträchtliche Zahl von Patienten zu geben, die keine Symptome aufweisen
(asymptomatisch bleiben), aber ihre Erkrankung Monate oder Jahre später
auftreten lassen (reaktivieren) nach
-
einem Trauma,
-
einer Schwangerschaft,
-
einer Erkrankung, für ein Antibotikum verschrieben wurde, oder nach
-
anderen Belastungen einschließlich psychischer Belastungen (9).
-
Der Borreliose-Impfstoff OspA hat den Anschein, Lyme-Borreliose zu reaktivieren,
sowohl bei einer Anzahl von Personen, die wußten, dass sie Lyme-Borreliose
hatten, als auch bei einigen, die davon nichts wußten (11).
Die Mechanismen, die für das Wiederaufflammen der Krankheit verantwortlich
sind, sind noch nicht definiert worden, könnten aber sowohl molekulares
Mimikry als auch eine unterschwellige Infektion einschließen.
Die Pathogenese der Lyme Borreliose bleibt zu bestimmen. Auf Grund der
verfügbaren Untersuchungen mag es erscheinen, dass die Organismen
nutritiv
sind - entweder für die Zellen des Endotheliums
der Blutgefässe, die das Nervensystem versorgen, oder für die
Glia-
oder Nervenzellen selbst (4, 24, 26,
31).
Es häufen sich Hinweise, welche die Hypothese einer persistierenden
Infektion als Ursache der andauernden oder wiederkehrenden Symptome (26,
31)
unterstützen. Ob molekulares
Mimikry an der Pathogenese mancher Symptome beteiligt ist, bleibt spekulativ
(18).
Obwohl Arthritis bei Lyme-Borreliose entstehen kann, werden nur selten
Erreger im Synovialgewebe
gefunden. Und da viele Arthralgien
bei dieser Erkrankung nicht sehr gut auf entzündungshemmende Mittel
ansprechen, handelt es sich bei der Erkrankung eher um eine infektiöse
Neuropathie
als um einen tatsächlichen Befall von synovialem oder bursalem
Gewebe.
Diagnose
Der Diagnoseschwerpunkt liegt bei den klinischen Symptomen. Im Falle von
klinischen Zeichen, z. B.
-
Rötung,
-
aseptischer Meningitis,
-
Optikusneuritis oder
-
Arthritis,
muss eine angemessene Differentialdiagnose
erfolgen.
Auf einer klinischen Ebene kann "CFS" (Chronic
Fatigue Syndrom = Chronisches Müdigkeitssyndrom) oder "Fibromyalgie"
nicht ohne weiteres von chronischer Lyme-Borreliose unterschieden werden.
In der Tat gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass Lyme-Borreliose ein
häufiger Auslöser für Fibromyalgie oder CFS ist (8-12).
Andere Bakterien sind als Auslöser von Störungen mit vielen Symptomen
("multisymptomal"), die als CFS und Fibromyalgie bezeichnet werden, vorgeschlagen
worden, wie erst kürzlich erkannte Mykoplasmen-Arten, z.B. M.fermentans
und M.genitalium, aber ein endgültiger Beweis von Ursache und Wirkung
ist bis jetzt nicht erbracht (6, 23).
Es gibt einen Versuch, "späte" Lyme-Borreliose von "chronischer"
Lyme-Borreliose zu unterscheiden; erstere manifestiert sich durch objektive
Anzeichen von Arthritis oder neurologischen Erkrankung (32):
Einige leugnen die Existenz einer chronischen Erkrankungen, indem sie behaupten,
diese Patienten litten an psychiatrischen Störungen, einige benutzen
den Ausdruck "chronisch" als Ausdruck für das "Post-Lyme-Syndrom",
indem sie annehmen, die Infektion sei (abschliessend) behandelt worden,
und die verbleibenden Symptome gehörten zu denselben, die Patienten
mit CFS oder Fibromyalgie haben (27, 30).
Diese Behauptungen sind spekulativ und bleiben unbewiesen. Dass chronische
Lyme-Borreliose existiert -und dies ist die am weitesten verbreitete Form
dieser Erkrankung- ist durch epidemiologische Studien bewiesen, die zeigten,
dass 30 - 50 % der behandelten und der unbehandelten Patienten in der Folge
multisymptomale Störungen entwickeln, die typisch sind für und
nicht unterscheidbar sind von Fibromyalgie und CFS (1,
28).
Wie bei anderen multisymptomalen Störungen ist chronische Lyme-Borreliose
ein klinisches Syndrom
aus
-
Müdigkeit,
-
Gelenkschmerzen (Arthralgien),
-
Muskelschmerzen (Myalgien) und
-
anderen Fehlfunktionen des Nervensystems (7).
Weiter scheinen die Ergebnisse der Behandlungsstudien die Annahme zu bestätigen,
dass eine persistierende Infektion für die chronischen Symptome verantwortlich
ist. Es ist möglich (engl. likely kann auch wahrscheinlich heissen,
Anm. des Übersetzers), dass Lyme-Borreliose als nützliches Modell
für andere chronische multisymptomale Störungen dienen wird.
Ob die Pathogenese der "Spätborreliose" sich von der chronischen Form
unterscheidet, bleibt nachzuweisen.
-
Routine-Bluttests fallen bei Lyme-Borreliose gewöhnlich normal aus.
-
Die ESR (Erythrozyten-Sedimentationsrate)
ist sehr häufig normal, was sie von einigen der entzündlichen
Erkrankungen, wie rheumatoider
Arthritis oder Lupus,
unterscheidet.
-
Das Anzüchten von Borrelia ist zu Anfang der Erkrankung möglich,
gewöhnlich von Biopsie-Material des ECM (Erythema Chronicum Migrans),
jedoch sind die meisten Labors nicht in der Lage, die Organismen anzuzüchten.
Die momentan einzigen verfügbaren nützlichen Labortests sind
die Immunologie-basierten
1994 wurde die Empfehlung gemacht, ein zweistufiges Testsystem einzusetzten,
in dem der Western Blot nur auf Proben mit positivem ELISA angewendet werden
soll (5). Die Empfehlung basierte vorrangig auf den Ergebnissen,
die man bei Patienten mit Arthritis erhalten hatte (13),
berücksichtigte nicht die chronische Form der Erkrankung und erging,
obwohl in sich stimmige reproduzierbare Ergebnisse von verschiedenen Labors
nicht geliefert wurden (fehlende konsistente Reproduzierbarkeit der
Testergebnisse) (2, 16).
Der ELISA hat sich als unzuverlässiger Test für viele
Patienten mit Lyme-Borreliose herausgestellt - sowohl im Anfang der Infektion
als auch im späteren Verlauf der Krankheit (8, 10).
Ein Grund für die mangelhafte Sensitivität
des ELISA ist die Verwendung von kompletten Organismen, was zu einer starken
Hintergrundabsorption führt. Nach Korrektur für den starken Hintergrund
kann nur ein kleiner Prozentsatz von Positiven gefunden werden.
Weil der Westernblot die Proteine der Borrelien trennt, können
spezifische Reaktionen sichtbar und genauere Interpretationen der Ergebnisse
gemacht werden. Über 75 % der Patienten mit chronischer Lyme-Borreliose
haben einen negativen ELISA, während der Western Blot positiv ist
(8,10). Patienten mit oligoartikularer
Arthritis könnten eher stabile IgG-Antworten und positive ELISA-Tests
und IgG-Western Blots haben (13).
Im Westernblot sind die ersten Immunreaktionen bei Lyme-Borreliose die
auf das 41kd
Flagellin Protein und das 23 kdOspC
(Outer
Surface
(Äussere-Oberfläche-) Protein.
-
Typischerweise gibt es während der Zeit des Erythema Migrans eine
IgM-Reaktion auf das 23 kd und 41 kd Protein, aber keine IgG-Reaktionen.
-
Innerhalb der nächsten Wochen bleibt die IgM-Reaktion bestehen, manchmal
begleitet von weniger
spezifischen Reaktionen auf 60 kd und 66 kd Proteine, und
-
nun werden IgG-Reaktionen auf 23 kd und 41 kd Proteine sichtbar.
Daher scheint das Auftreten einer Immunantwort auf das 23 kd und 41 kd
Protein -bei gleichzeitigem entsprechendem klinischen Bild- der Diagnosebeweis
für Lyme-Borreliose zu sein.
Während das 41 kd Protein nicht nur bei Borrelia burgdorferi auftritt,
erscheint das 23 kd Protein einzig bei Borrelia burgdorferi aufzutreten.
Ebenso offensichtlich einzigartige Proteine von Borrelia burgdorferi sind
die
-
31 kd (Osp A) und
-
34 kd (Osp B),
-
35 kd,
-
37 kd,
-
39 kd sowie
-
83/93 kd
Proteine.
-
(Immun-)Reaktionen auf das 31 kd Proteins werden gewöhnlich nicht
vor Ablauf eines Jahres oder mehr nach Ausbruch der Krankheit beobachtet.
-
Nicht alle Patienten, die Symptome seit mehr als einem Jahr aufweisen,
zeigen Reaktionen auf Proteine der äusseren Membran (Osp).
Die meisten Patienten zeigen spezifische Reaktionen im IgM-Westernblot
(8, 10). Mit dem Rückgang der
Symptome verschwinden die IgM-Reaktionen, oder sie schwächen sich
ab, die IgG-Antworten können jedoch bleiben, verschwinden aber meistens
oder schwächen sich unter erfolgreicher Therapie ab. Bei einigen Patienten
(20 %), die Symptome haben, bleibt der Westernblot jedoch negativ (8,
10).
Wenn die Borrelien intrazellulär
bleiben und ihre Abwesenheit außerhalb der Zellen erst einmal etabliert
ist, könnte dies das Fehlen einer zusätzlichen oder andauernden
Immunantwort erklären.
PCR (Polymerase
Chain Reaction = Polymerasekettenreaktion) ist ein hochempfindliches
Mittel, um bakterielle DNA oder RNA zu entdecken, und man hoffte, dass
diese Technik eine wichtige Rolle bei der Diagnose der Lyme-Borreliose
spielen würde. Bisher jedoch, trotz der Genauigkeit der Methode, konnte
Borrelien-DNA nicht zuverlässig im Blut, Urin oder Spinalflüssigkeit
von Patienten mit frühen und späten Formen von Lyme-Borreliose
gefunden werden, und die Befunde stützen wieder ein (ausschliesslich)
intrazelluläres Reservoir für Borrelia burgdorferi.
Es sollte möglich sein, einen besseren, hochspezifischen ELISA
für Lyme-Borreliose zu entwickeln, der die rekombinanten
41 kd, 23 kd, 31 kd und/oder 34 kd Proteine nutzt (und eventuell andere
Borrelia-spezifische Proteine). Momentan jedoch ist der Westernblot-Test
die zuverlässigste immunologische Untersuchung.
Behandlung
In vitro reagiert
Borrelia burgdorferi empfindlich auf verschiedene Antibiotika (20,
25).
Dies ist jedoch wegen der langen Inkubationszeiten, die man zur Bestimmung
der minimale Hemmkonzentration (MHK)
braucht, schwierig festzustellen.Die Borrelien haben eine (in-vitro-)Verdoppelungszeit
von 20 - 24 Stunden (siehe auch Generationsdauer
der Bb, J. Gruber).
Mit diesen Einschränkungen zeigen die Ergebnisse einiger weniger
Untersuchungen folgende minimalen bakteriziden
Konzentrationen (MBK) für
Antibiotikum |
MBK
(µg/ml) |
Penicillin |
8 |
Ampicillin |
2 |
Tetracyclin |
1 ... 2 |
Doxycyclin |
2 |
Ceftriaxon |
0.5 |
Cefotaxim |
0.5 |
Cefuroxim |
1 ... 2 |
Cefixim |
8 |
Erythromycin |
0.5 |
Clarithromycin |
0.5 |
Azithromycin |
0.5 |
Ciprofloxacin |
4 |
-
Einigen veröffentlichten Studien zufolge ist während des ersten
Erythema Chronicum Migrans jedes Antibiotikum wirksam, wenn es 2 Wochen
lang gegeben wird. Jedoch entwickelte eine Anzahl so behandelter Patienten
in der Folge Symptome wie Arthralgien, Müdigkeit und Parästhesien,
mit positiven Westernblots. Diese Patienten wurden danach erfolgreich mit
längeren Gaben von Antibiotika behandelt (8, 10).
Die Empfehlung lautet daher zur Zeit, dass
-
Tetracyclin,
-
Doxycyclin oder
-
Amoxicillin
für 1 Monat gegeben werden sollen, falls das Erythema Migrans das
einzige Symptom der Lyme-Borreliose ist.
-
Wenn jedoch irgendwelche anderen Symptome hinzukommen, hat die Behandlung
von Lyme-Borreliose für nur 2 bis 4 Wochen sehr oft Misserfolge und
Rückfälle zur Folge (8, 10).Unsere
anfänglichen Erfahrungen legten nahe, dass eine 3-monatige Behandlung
mit Tetracyclin mit einer höheren Erfolgsrate verbunden ist (8).
-
Bei Patienten, die seit mehr als 6 Monaten Symptome zeigen, ist
die Verlängerung der Behandlungsdauer notwendig, oder es wird ein
erneuter Behandlungszyklus von verschiedener Länge notwendig.
-
Bei Patienten, die seit mehr als 1 Jahr Symptome haben, können
12 bis 18 Monate Behandlung notwendig sein, um einen kompletten Rückgang
der Symptome zu erreichen.
Die Gründe für eine längere Behandlung basieren auf umfangreichen
Beobachtungen (8, 10) sowie der Analogie,
dass bei Tuberkulose, Lepra, Q-Fieber und bestimmten Pilzerkrankungen eine
längere Behandlungsdauer notwendig ist. Bei Lyme-Borreliose hat es
wohl den Anschein, dass die langsame Wachstumsrate und Stoffwechselaktivität
der Borrelie mit einer längeren Behandlungsperiode korreliert ist.
-
Wenn die Behandlung bei Patienten begonnen wird, die über die frühesten
Anzeichen der Infektion hinaus sind, verschlimmern sich ihre Symptome häufig
in den ersten Tagen oder sogar in den ersten Wochen der Therapie.
-
Bei Patienen, die seit mehr als einigen Monaten Symptome haben, kann es
4 bis 6 Wochen Therapie dauern, bis sich alle Symptome gebessert haben
(8, 10).
-
Typischerweise gibt es kurze Perioden der Besserung, gefolgt von Rückfällen
oder wandernden Symptomen. Mit fortgesetzter Therapie gibt es längere
symptomfreie Perioden.
-
Einige Arthralgien mögen 3 oder mehr Monate brauchen, um sich zurückzubilden,
und
-
Müdigkeit kann das Symptom sein, das als letztes verschwindet.
Die Bevorzugung von Tetracyclin entstand aus der grossen Zahl von
Misserfolgen, die man bei Patienten feststellte, die mit Ampicillin und
Doxycyclin behandelt wurden.
-
Im allgemeinen bewirkte Doxycyclin bei Patienten eine Reaktion, aber sie
war gewöhnlich nicht vollständig, nicht lange anhaltend.
-
Tetracyclin mag effektiver als Doxycyclin sein, einfach aufgrund
der höheren Dosierung, d. h. 100 mg Doxycyclin 2 x täglich entspricht
nicht 500 mg Tetracyclin 3 x täglich, ausserdem ist Doxycyclin
im Vergleich zu Tetracyclin stark an Protein (im Blutserum) gebunden, was
die Verfügbarkeit des freien Antibiotikums für eine Diffusion
ins Gewebe und in Zellen einschränken könnte.
-
Einige Ärzte verordnen Doxycyclin in Dosierungen zu 300 - 400 mg
täglich, um ein erfolgreiches Ergebnis zu erreichen.
-
Ein genauer Vergleich zwischen Doxycyclin und Tetrazyklin ist bis jetzt
nicht durchgeführt worden.
-
Minocyclin wird ebenfalls von einigen Ärzten verwendet - mit unterschiedlichem
Erfolg, aber es hat die gleichen Probleme hinsichtlich Dosierung und Protein-Bindung.
Von den ß-Lactam-Antibiotika,
die für die Behandlung von Lyme-Borreliose genutzt werden,
-
erscheint Ceftriaxon das wirksamste zu sein.
-
In begrenzten vergleichenden Studien war Cefotaxim gleichwertig,
und
-
hochdosiertes IV-Penicillin
kann auch wirksam sein.
-
Im Frühstadium der Lyme-Borreliose ist Amoxicillin oral ebenso
wirksam wie Doxycyclin. Im späteren Stadium der Erkrankung werden
häufige Misserfolge beobachtet trotz der Gabe von täglich 3 Gramm
Amoxicillin mit Probenecid.
-
Cefixim ist wenig effektiv.
-
Cefuroxim-Axetil wird nur bei Behandlung von Lyme-Borreliose im
frühem Stadium eingesetzt und ist mit Doxycyclin vergleichbar. Eine
begrenzte Anzahl von Berichten über seinen Einsatz in späteren
Stadium von Lym-Borreliose haben nicht gezeigt, dass es wirksam ist.
Die Rolle, welche die neueren Makrolide
bei der Behandlung von Lyme-Borreliose spielen, muss weiter untersucht
werden.
-
Erythromycin wird als unwirksam angesehen trotz der guten in-vitro-Empfindlichkeit.
-
Azithromycin wird in Berichten als weniger wirksam dargestellt als
Amoxicillin (21) bei der Behandlung der Lyme-Borreliose
in frühem Stadiun.
-
Einige Ärzte verwenden Clarithromycin und Azithromycin
in höheren Dosierungen und über längere Zeiträume,
aber es gibt keine Berichte über mehr Erfolge mit diesen Medikamenten
als mit den Tetracyclinen
oder den ß-Lactam-Antibiotika.
-
Unserer Erfahrung nach sind alle Makrolide wirksam, wenn sie mit einem
lysosomotropischen Mittel, vor allem mit Hydroxychloroquin
kombiniert werden (siehe unten) (10).
In Abwägung aller möglichen Faktoren mag es erscheinen, dass
die Antibiotika, die eine intrazelluläre Konzentration und Aktivität
erreichen, die wirksamsten Medikamente sind.
-
Die Studien-Ergebnisse in Klempners Labor an einem Gewebekultur-Modell
einer Borreliose-Infektion zeigten, dass Ceftriaxon nicht in der Lage war,
die intrazellulären Organismen auazurotten (17);
-
ähnliche Untersuchungen in Raoults
Labor an einem Endothelialzellen-Modell zeigten, dass Tetracyclin und Erythromycin
wirksam waren, die ß-Lactam-Antibiotika jedoch nicht (3).
-
Diese Ergebnisse sind in einer Linie mit unseren Erfahrungen, dass die
Tetracycline
und Makrolide den grössten Erfolg erzielen.
-
Im Gegensatz zu den ß-Lactam-Antibiotika sind die Antibiotika der
Tetracyclin- und Makrolid-Klasse sehr gut in der Lage, in die Zellen einzudringen.
-
Erfahrungen mit den Makrolid-Antibiotika sind jedoch enttäuschend,
verglichen mit ihrer in-vitro-Wirksamkeit gegen die Lyme-Borrelien, und
mit der bekannten Wirkung von Makroliden bei anderen intrazellulären
Parasiten wie Chlamydien, Legionellen, Mycobacterium-avium intrazellulare
und Toxoplasmen.Für den Fall, dass sich Lyme-Borrelien in intrazellulären
Vesikeln aufhalten, die sauer sind, wäre die Wirksamkeit der Makrolide
bei dem niedrigen pH-Wert stark verringert.
-
Dies steht im Gegensatz zu den Tetracyclinen, die bei saurem pH-Wert wirksam
sind; dessen ungeachtet wurde gezeigt, dass die Aktivität von Doxycyclin
weiter steigt, wenn man den pH-Wert erhöht. In einem Gewebekulturmodell
einer Ehrlichia-Infektion steigerte der Einsatz von lysosomotropischen
Mitteln wie Amantidine, NH4Cl und Chloroquin
die Wirksamkeit von Doxycyclin (22).
-
Aufgrund dieser Untersuchungen und der Hypothese, dass Symptome einer Lyme-Borreliose
im Spätstadium die Folge einer persistierenden intrazellulären
Infektion ist, haben wir Patienten erfolgreich mit einer Kombination von
einem Makrolid und Hydroxychloroquin behandelt (10).
-
Was "ZNS"-Erkrankung (Erkrankung des zentralen Nervensystems)
angeht, gibt es keinen Beweis dafür, dass Ceftriaxon wirksamer sei
als entweder die Tetracycline oder die Kombination von Makrolid und Hydroxychloroquin.
Wenn unsere Annahme korrekt ist, dass als Folge der Entwicklung dieser
Erkrankung das Bakterium sich in den
dann bräuchte man kein Medikament, das die Blut-Hirn-Schranke
überwinden muss, um wirksam zu sein. Tatsächlich sind die Tetracycline
in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke bis zu einem gewissen Grad zu überwinden,
und sie wurden mit einigem Erfolg benutzt, als sie in die klinische Medizin
zur Meningitis-Behandlung
eingeführt wurden.
-
Makrolid-Antibiotika überwinden die Blut-Hirn-Schranke nicht, sind
aber wirksam bei der Behandlung anderer ZNS-Infektionen (z. B. Toxoplasmose)
und unserer Erfahrung nach auch bei der Rückbildung der neuropsychiatrischen
Symptome und Zeichen (z. B. Single Photon Emission Computer Tomography
(SPECT)-Scans)
bei Lyme-Borreliose (10).
-
Was das Problem (des Unterschieds zwischen) bakteriziden
gegenüber bakteriostatischen
Wirkungen angeht, ist in-vivo kein solcher Effekt nachgewiesen worden.
-
Es gab bisher keine Berichte, die irgendeine Änderungen in den Antibiotikaresistenz-Mustern
während der Antibiotika-Therapie zeigten.
Letzten Endes stützt sich jede Bestimmung der Wirksamkeit einer Therapie
auf die klinischen Antwort.
Weitere Aussichten
Diagnose und Behandlung von Lyme-Borreliose werden von unzureichenden Diagnosemethoden
und unangemessenen Vergleichen von Antibiotika-Anwendungen belastet.
-
Spezifische auf Antigenen basierende ELISA-Tests sollten eine höhere
Spezifität haben, aber die Empfindlichkeit (Sensitivität) jeden
Tests, der auf der Messung der Immunantwort des Wirts beruht, könnte
immer noch von begrenztem Wert sein, falls die Borrelie intrazellulär
bleibt.
-
Am nützlichsten wäre die Entwicklung eines Testverfahrens, das
die Anwesenheit und das Ausmass jeglicher residualer (d.h. noch vorhandener)
Lyme-Borreliose bestimmen kann.
-
Um die Fragen nach Dauer und Klasse der anzuwendenden Antibiotika-Therapie
zu beantworten, sind Doppel-Blind-, Plazebo-kontrollierte und vergleichende
Studien notwendig.
-
Der offensichtliche Misserfolg einer 1 Monat dauernden intravenösn
Behandlung mit Ceftriaxon, gefolgt von bis zu 2 Monaten Doxycyclin oral,
um die Ergebnisse bei Patienten mit chronischer Lyme-Borreliose zu verbessern
(19), war nicht überraschend - angesichts früherer
Beobachtungen, dass keines der beiden zeitlich begrenzten Antibiotikaregime
in der Lage war, dem Patienten Besserung zu verschaffen (8,
10,
33).
-
Zusätzliche Untersuchungen sind notwendig, um herauszufinden, ob längere
Behandlungsdauer, der Gebrauch von Tetracyclin selbst oder die neuartige
Kombination eines Makrolides und eines lysosomotrophischen Mittels wirksame
Behandlungen wären.
Literaturhinweise
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Diese Übersetzung ist ausschliesslich zum persönlichen
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Maya Mayruff
24. Juni 2010
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