NEUROLOGISCHE MANIFESTATIONEN VON LYME BORRELIOSE IN KINDERN
Dorothy M. Pietrucha, M.D., P.A.
Pedriatic Neurology
3318 Route 33
Neptune, NJ 07753
USA
Original dieser Veröffentlichung
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Eva Schwarz
INHALT
EINLEITUNG
Lyme Borreliose wird durch eine Arthropode, die Ixodes dammini
übertragen. Die die Krankheit verursachende Spirochäte ist die
Borrelia burgdorferi.
Während den letzten neun Jahre haben wir über 300 Kinder wegen
Lyme Borreliose in unserem Krankenhaus behandelt. Sie hatten signifikante
neurologische Manifestationen oder, in einer Minderzahl der Fälle,
eine Arthritis, die eine Hospitalisierung zwecks intravenöser
Antibiotika-Behandlung notwendig machte.
Es ist unmöglich zu wissen, wie viele Kinder in unserem Gebiet
Lyme Borreliose haben. Ein Kinderarzt mit einer großen Praxis
sieht mindestens drei ECM (Erythema Chronicum Migrans, d. Übers.)
täglich und behandelt solche Kinder 21 Tage lang mit Amoxicillin
oder Penicillin. Anscheinend entwickelt die Mehrheit der Kinder,
bei denen sich die Hautrötung manifestiert und die daher frühzeitig
behandelt werden, keine chronischen Probleme. Ein kleiner Prozentsatz
jedoch sieht sich chronischen Folgen ausgesetzt.
In einigen unserer Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl von 20.000-25.000
tragen bis zu 60% der Zecken die Borrelia Spirochäte in sich.
Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion ist also sehr hoch.
Seit 1982 habe ich eine große Zahl von Kindern mit neurologischen
Lyme Borreliose Symptomen gesehen. Viele dieser Kinder wurden
anfänglich nicht diagnostiziert, weil ihre Beschwerden undeutlich
waren und für erklärbar gehalten wurden. Ich habe einen Patienten
behandelt, der fünf Jahre lang krank war. Andere waren drei oder
vier Jahre krank, bevor sie diagnostiziert wurden. Seit kurzem
kümmern wir uns intensiver um Kinder, die unter sogenannten vagen
Symptomen leiden. Wir diagnostizieren und behandeln energischer.
- Ich habe Kinder gesehen, die nach wenigen Wochen neurologische
Symptome entwickelt haben. Andere entwickeln derartige Krankheitserscheinungen
erst nach einem Jahr oder länger.
- Weniger als 50% der Kinder erinnert sich auch nur an einen Zeckenstich,
und ein noch geringerer Prozentsatz kann sich an eine ECM Rötung erinnern.
- Die Eltern erinnern sich, daß ihre Kinder eine grippeähnliche
Erkrankung hatten, die den persistierenden Symptomen vorausging.
Gewöhnlich erscheint diese grippeähnliche Erkrankung sechs oder
mehr Wochen nach dem Zeckenstich oder des Kontaktes mit Zecken.
Viele Eltern behaupten, daß ihr Kind nach der "grippeähnlichen Erkrankung"
niemals wieder gesund wurde.
- Der weitaus größte Teil, über 90%
der Kinder, die wir behandelt haben, klagen über Kopfschmerzen.
- Die Schmerzen waren in einigen Fällen außerordentlich akut und
begleitet von einem Papillenödem.
- Gewöhnlich entwickeln sich die
Kopfschmerzen jedoch langsam, werden dann persistierend und reagieren
nicht auf die herkömmlichen Analgetika.
-
Zusätzlich zu den Kopfschmerzen klagen die Kinder über
- Schulpflichtige
Kinder haben Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen.
- Einige Patienten
entwickeln eine progressive Schwäche.
-
Eltern beklagen, daß Vorschulkinder an Stimmungsschwankungen leiden
und sehr reizbar werden. Sie bemerken eine Persönlichkeitsveränderung.
-
Unter Schulpflichtigen und Heranwachsenden ist Brustschmerz eine
sehr häufige Beschwerde. Mindestens 70% klagen über derartige
Schmerzen.
- Ungefähr 50% klagen über Magenschmerzen.
- Mehr als die
Hälfte der Kinder leidet an Arthralgien, gewöhnlich mit Beteiligung
der Knie und manchmal des Handgelenks.
-
Andere Beschwerden sind
- Palpitationen,
- Kribbeln, Taubheit,
- Hautrötungen,
die kommen und gehen, meist malare Hauterscheinungen und
- heftige
Halsschmerzen.
Es ist leicht zu erkennen wie außerordentlich unspezifisch diese
lange Liste ist und daher angenommen wird, daß die Kinder funktionelle
Probleme haben.
Kinder zeigen häufig Manifestationen des zentralen und peripheren
Nervensystems. Zu den Erscheinungen des zentralen Nervensystems
zählt
- Enzephalopathie. Diese Kinder haben Schwierigkeiten mit
dem Gedächtnis, der Konzentration und Schwierigkeiten beim Lernen.
Sie leiden an übermäßiger Müdigkeit und an Schlafstörungen (Hypersomnie
oder Asomnie).
Selten haben wir Kinder mit enzephalitischem Krankheitsbild gesehen.
-
Es gibt Berichte über Schlaganfälle auf Grund der Lyme-Borreliose.
- Wir hatten ein Kind mit plötzlichem Auftreten von Hemiplegia und
Aphasie.
-
Patienten können an einer Beteiligung des Sehnervs leiden, zu
erwähnen sind Optikusneuritis oder Papillitis mit Verminderung des Sehvermögens.
-
Eine periphere Neuropathie mit einer distalen Parästhesie, subtile
Schwäche und ein verminderter Sehnenreflex wurden von uns ebenfalls
beobachtet.
Die Laborbefunde sind eher unauffällig:
- CBC meistens normal.
- Sed-Rates sind in nur 10% der Patienten größer als 30; wir hatten
nur zwei Patienten mit Sed-Raten von 100 oder mehr.
- Das EEG ist
in einem Drittel der Patienten unnormal, es sind bilateral scharfe
Wellen und einige langsame zu erkennen.
- Der CAT-Scan ist normal,
wobei eine gewisse Anzahl der MRI's abnormal ist und eine erhöhte
Signalintensivität in der weißen Substanz erkennen läßt.
- Die Entscheidung, eine Liquorentnahme vorzunehmen, muß aufgrund
physikalischer Befunde getroffen werden.
- Ein Patient mit Papillenödem
wird punktiert werdem, nachdem CAT-Scan oder NMR-Bilder keine
Massenläsionen gezeigt haben.
- In anderen Fällen wird die Entscheidung
zu punktieren in erster Linie von der Notwendigkeit bestimmt,
weitere diagnostische Informationen zu erhalten. Auf diese Weise
haben wir 25 [sic] Patienten punktiert.
- Der Großteil hatte normale
Liquorbefunde.
- Normalerweise haben sie keine Erhöhung der Zellen.
- Protein und Zucker sind normal.
- Kulturen sind negativ.
- Interessanterweise
ist der Liquordruck bei mindestens fünfzig Prozent der Patienten
größter als 200, manchmal sogar höher als 400. Jeder Patient mit
Papillenödem hat mindestens einen Druck von 300 oder mehr, mit
Ausnahme eines Mädchens, deren Druck bei 260 lag und das offensichtlich
an einem Papillenödem litt mit Sehverlust auf dem linken Auge.
- Acht der Patienten hatten eine Pleozytose mit einer Zellzahl von
60-700, vorwiegend Lymphozyten.
- Nur zwei Patienten hatten einen
positiven Liquortiter.
Die Diagnose der Lyme Borreliose erfolgt klinisch.
- Eine Serumsdiagnostik,
wenn positiv, ist hilfreich.
Wir betrachten
- 1:128 IFA als positiv,
- ELISA, wenn der Wert größer als 79 ist.
- Antigene können auch im
Urin bestimmt werden. Lyme-Urin-Antigen-Tests (LUAT) gelten jedoch als experimentell (als noch nicht gesicherte Tests, d. Übers.).
Wir behandeln seronegative Patienten ohne Zögern, wenn sie eine
Reihe von sie beeinträchtigenden Symptomen zeigen.
- Wir hatten es
mit Kindern zu tun, die ein ganzes Jahr lang keine Schule besuchen
könnten, weil sie zu krank waren, ihr Zuhause zu verlassen.
-
Andere Kinder waren gezwungen alle außerschulischen Aktivitäten,
Sport etc. aufzugeben, weil sie zu krank und zu schwach waren,
daran teilzunehmen.
- Jeder Patient, den wir auf Neuroborreliose
behandelt haben, hatte persistierende Beschwerden. Die Kinder
haben Kopfschmerzen und oft Brustschmerzen.
- Viele haben zahlreiche
Ärzte aufgesucht, ohne daß je eine spezifische Diagnose gestellt
wurde. Viele von ihnen erhielten aus unterschiedlichen Gründen
immer mal wieder Antibiotika, vor allem wegen Halsschmerzen, Mittelohrentzündungen,
Hautrötungen und haben deshalb niemals eine Antikörperreaktion
gegen die Spirochäteninfektion entwickelt.
Die Diagnose einer Neuroborreliose erfolgt -wie gesagt- klinisch und nicht
auf Grund von Laborwerten.
- Wenn die Symptome des Patienten mit
der Diagnose übereinstimmen, und
- die Krankheit einen signifikanten
Einfluß auf die Fähigkeiten des Patienten hat, im Leben zu funktionieren,
verdient er es, behandelt zu werden. Ich glaube es ist sicherer,
jemanden unter solchen Umständen zu energisch zu behandeln, anstatt
ihn auf unbestimmte Zeit leiden zu lassen.
- Die Behandlung erfolgt mit intravenösen Antibiotika, Ceftriaxon,
Cefotaxim, Ampicillin, die so lange wie nötig genommen werden.
Das Minimum ist 4-6 Wochen. Viele Patienten werden über Monate
behandelt, wenn sie weiterhin klinisch krank sind.
-
Mit Benadryl kann ein Pruritus behandelt werden.
- Ich empfehle
ihnen, während der antibiotischen Behandlung Joghurt zu essen,
um Durchfall zu vermeiden.
- Aspirin ist am besten zur Schmerzbehandlung
geeignet. Auf Grund des historischen Widerstrebens mancher Ärzte, Kindern Aspirin zu geben, werden oft nichtsteroidale Antirheumatika
verschrieben.
-
Während und sogar nach der Behandlung ist es notwendig, daß sich
die Patienten genügend ausruhen. Die gewohnten Aktivitäten können
nicht sogleich nach Ende der Behandlung wieder aufgenommen werden.
-
Ungefähr 25% der behandelten Patienten mußten erneut behandelt
werden, und einem Großteil davon ging es danach gut.
- Gewöhnlich
behandle ich anfänglich mit
- Ceftriaxon (Rocephin)
und danach entweder mit
- Ceftriaxon,
- Cefotaxim oder
- Ampicillin.
Viele Kinder, die ich mit diesen Beschwerden gesehen habe, konnten
keinen ausreichenden Nutzen aus oraler antibiotischer Behandlung
ziehen. Sobald Patienten neurologische Beschwerden haben, und
in einigen Fällen positive neurologische Befunde, verdienen sie
rigorose intravenöse antibiotische Therapie, vielleicht öfter
als einmal.
KRANKENGESCHICHTEN
Im folgenden sind einige veranschaulichende Fälle dokumentiert:
- Im Juni 1982 erinnerte sich ein sieben Jahre alter Junge, der
seit drei Tagen an sehr starken Kopfschmerzen litt, rund um die
Uhr schlief, aber kein Fieber hatte, an einen drei Monate zurückliegenden
Zeckenstich mit Hautrötung. Es wurde keine Diagnose gestellt.
Er hatte zu diesem Zeitpunkt ein Papillenödem, der Liquordruck
lag bei 450 mm. Unter der Annahme, daß er einen Pseudotumor hatte,
wurde er mit Decadron behandelt. Im Januar 1983 entwickelte er
eine Arthritis und wurde mit oralen Antibiotika in Kombination
mit NSAR behandelt. 1985 erschien er erneut mit chronischen Kopfschmerzen,
die seit zwei Jahre vorhanden waren. Seine neurologische Untersuchung
war gänzlich normal und er hatte kein Papillenödem. Der Lyme Titer
war zu dieser Zeit bei 1:256. Er hatte einen erhöhten Liquordruck
von 250 ohne Zellen. Wir behandelten ihn 14 Tage lang intravenös
mit Penicillin. Seine Kopfschmerzen verschwanden und schließlich
hatte er keine Anfälle von Arthritis mehr. Somit war es uns möglich
gewesen, 1985 einen Patienten erfolgreich zu behandeln, der mehr
als drei Jahre krank war und bei dem die Diagnose 1982 nicht gestellt
wurde, obwohl Zeckenstich und Hauterscheinung vorhanden waren.
Bedenken Sie, daß er 1982 mit Steroiden behandelt wurde.
- 1983 wurde ein elfjähriger Junge vorstellig, der zwei Monate vor
seinem Erscheinen eine ECM Rötung gehabt hatte. Er litt unter
starken Schmerzen in beiden Oberschenkeln. Innerhalb von Tagen
entwickelte er zunächst eine einseitige, dann eine beidseitige
Fazialisparese.Es waren lebhafte Reflexe vorhanden und sich aufwärts-bewegende
Zehen. Sein Liquor zeigte eine erhöhte Zellzahl von 300 und Protein
von 81. Er wurde 14 Tage intravenös mit Penicillin behandelt.
Es konnte ein dramatische Verbesserung erzielt werden mit vollständiger
Auflösung der Fazialislähmung. Schmerzen waren keine mehr vorhanden.
Seine Reflexe waren alle physiologisch. Sein Lyme Titer war leicht
positiv. Damals wartete man mehr als sieben Wochen auf ein Lyme
Titer Ergebnis. Er wurde aufgrund seines Leidens vor Eingang des
Resultats behandelt.
- 1984 litt ein zehnjähiger Junge an plötzlich auftretenden Kopfschmerzen
mit Fieber. Er erinnerte sich an keinen Zeckenstich oder Hautausschlag.
Untersuchungergebnisse war unauffällig. Es war kein Papillenädem
vorhanden. Liqor: Druck 190, Zellzahl 7. Der Lyme Titer wurde
zum staatlichen Labor gesandt. Sieben Wochen später war das Ergebnis
ein Titer von 1:2048. Er wurde wiederum ins Krankenhaus eingewiesen.
Der Liquor zeigte jetzt eine Zellzahl von 100. Er wurde14 Tage
lang mit Penicillin behandelt, was eine dramatische Verbesserung
bewirkte. Die Kopfschmerzen verschwanden. Sein Lyme Titer lag
dann bei 1:64. Zeitweise klagt er über Schmerzen in den Knien
aber ansonsten geht es ihm gut. Während der Wochen, in denen wir
auf seine Lyme Titer - Ergebnisse warteten, litt er an sehr, sehr
schweren Kopfschmerzen.
- Ein neunjähriges Mädchen klagte über eine progressive Schwäche
in ihren Extremitäten nach einer grippeähnlichen Erkrankung. Sie
wurde im Mai 1988 untersucht, als sie bereits zwei Monate lang
krank war. Die Untersuchung zeigte ein sehr geschwächtes Kind,
das sich beim Hereinkommen in die Praxis aufgrund ihrer Schwäche
an den Wänden stützen mußte. Sie kam mit Guillain Barre Syndrom
als klinische Diagnose. Die Sehnenreflexe fehlten. Die Liquoruntersuchung
erbrachte ein Protein von 80. Lyme Titer 1:128. Sie wurde 14 Tage
lang intravenös mit Ceftriaxon behandelt, 2g täglich. Ihr Zustand
besserte sich dabei allmählich. Im November 1988 war sie wieder
vollständig aktiv, sie konnte an allem teilnehmen ohne Schwäche
und Beschwerden, aber ihre Sehnenreflexe fehlten immer noch. Sie
lebt in einem Gebiet, in dem viele Zecken zu finden sind.
- Ein fünfjähriger Junge litt seit zwei Jahren an Schwäche, Arthralgien
und Müdigkeit. Er wurde 1988 untersucht, war aber schon im Februar
1986 von einer Zecke gestochen worden. Seine Symptome waren Fieber,
Gelenkschmerzen, abdominale Schmerzen und ein Hautausschlag. In
der Folge entwickelte er eine Schwäche, mehr auf der rechten als
der linken Seite und in der Tat war eine sehr milde rechtseitige
Hemiparese feststellbar. Die Schwäche verlief progressiv und seine
Mutter, nicht der Arzt, bestand auf der Durchführung eines Lyme
Titers, der bei 1:1024 lag. Die Behandlung erfolgte mit Ceftriaxon.
Er mußte erneut behandelt werden, so daß er insgesamt 28 Tage
unter Behandlung war. Die Therapie wurde im Sommer 1988 beendet
und im Dezember konnte er rennen, Stiegen auf und ab steigen und
auf den Untersuchungstisch klettern. Er hatte immer noch hypoaktive
Reflexe, aber er war stärker und es ging ihm bemerkenswert besser.
- Ein zweijähriges Mädchen, deren Eltern bemerkten, daß ihr Kind
außerordentlich reizbar geworden ist, wurde untersucht. Sie hatte
eine Windel-Dermatitis, die auf keine verschriebene Behandlung
des Kinderarztes ansprach. Weil sie mit Feldmäusen in Kontakt
gekommen war, die Zeckenwirte sind, bestanden die Eltern auf einen
Lyme Titer, der mit 1:512 ausfiel. Aufgrund ihrer Reizbarkeit
und des Ausschlages wurde 14 Tage mit Ceftriaxon behandelt, was
eine dramatische Verbesserung ihres Verhaltens bewirkte. Der Ausschlag
verschwand und kam nicht wieder.
- Ein sechsjähriges Mädchen wurde im September 1987 untersucht.
Eine sehr milde linksseitige Fazialisschwäche war festzustellen.
Sie konnte sich an keinen Zeckenstich erinnern, hatte aber Kontakt
mit Zecken. Sie lebt in einer waldreichen Gegend. Lyme Titer 1:128.
Die Liquoruntersuchung zeigte ein Protein von 137 mg. ohne Zellen
und Glukose von 63. Auf Grund der milden linksseitigen Fazialisschwäche
und der Kopfschmerzen wurde sie behandelt und sprach gut an. Sie
erhielt zwei Behandlungen mit insgesamt 28 Tagen Ceftriaxon.
- Ein 16jähriger Junge, der mit einer bilateralen Fazialisparese
aufwachte, wurde untersucht. Er war unfähig zu sprechen und zu
essen, hatte Kopfschmerzen und war von einer Zecke gestochen worden.
Lyme Titer 1:128. Er wurde 21 Tage intravenös mit Ceftriaxon behandelt
und zeigte eine dramatische Besserung. Eine neurologische Untersuchung
vier Wochen nach Beginn der Therapie war unauffällig. Zusätzlich
zu Ceftriaxon bekam er Prednison.
- Ein neunjähriges Mädchen wurde 1985 wegen Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen
und Photophobie untersucht. Liquor: Druck 230, Zellzahl 13 und
Protein 50. Titer 1:256.
Anfänglich mit Penicillin behandelt. Erneut behandelt mit Ceftriaxon.
Erneut Therapien 1986,1987 und 1988. Sie hat ein persistierend
abnormales EEG und einen signifikanten Leistungsabfall in der
Schule. Ihr EEG ist weiterhin unnormal und ihr Lyme Titer ist
andauernd positiv (1:256). Wahrscheinlich wird sieweitere Behandlungen
benötigen.
- Ein zwölfjähriger Junge wurde 1987 wegen Kopfschmerzen untersucht.
Liquor, EEG und CAT Scan waren unauffällig. Lyme Titer war negativ.
Unglücklicherweise wurde beschlossen, ihn nicht zu behandeln,
weil er außer Kopfschmerzen nichts hatte. Im Laufe des Jahres
ließen seine schulischen Leistungen nach. Er war ein außergewöhnlich
guter Sch¸ler. Im folgenden Sommer lag sein Lyme Titer bei 1:256.
Andere Untersuchungsergebnisse war unauffällig. Er erhielt intravenös
14 Tage Ceftriaxon. Im folgenden Schuljahr besserten sich seine
Leistungen, aber gegen Ende des Jahres hatte er wieder Kopfschmerzen.
Dann bekamt starke Brustschmerzen und diffuse Myalgien. Der Lyme
Titer war wieder erhöht (1:256) und die Antikörper im Urin waren
signifikant erhöht. Er wurde im Krankenhaus 28 Tage intravenös
mit Penicillin behandelt. Nach dem fünften oder sechsten Tag besserten
sich seine Symptome. Brust-und Kopfschmerzen verschwanden.
- Ein vierzehnjähriger Junge wurde wegen Kopfschmerzen, die seit
mehr als zwei Wochen bestanden, untersucht. Danach entwickelte
er Doppelsichtigkeit; die Kopfschmerzen verschwanden. Bei der
Untersuchung zeigte er eine milde Lähmung des 6. Nervs auf der
linken Seite. Er verneinte die Frage nach Kopfschmerzen und sagte,
daß er sich abgesehen von der Diplopie gut fühle. Lyme Titer 1:512.
Liquoruntersuchung: 700 Lymphozyten. Die Therapie erfolgte mit
Ceftriaxon über 21 Tage, die ein völliges Verschwinden der Diplopie
bewirkte. Seitdem geht es ihm gut.
- Ein neunjähriges Mädchen klagte über Kopfschmerzen. Die Untersuchung
ergab ein Papillenödem. CAT Scan war normal. Spinalpunktion: Druck
280. Sie wurde mit Steroiden und Diamox behandelt. Der Lyme Titer
war 1:128, nach zweimaligen negativen Werten Wochen vorher bei
Beginn der Kopfschmerzen. Die erhält gegenwärtig eine 21-tägige
Ceftriaxon-Therapie Ihr linkes Auge zeigt etwas Sehverlust, ihr
Papilleödem heilt
- Ein 13-jähriges Mädchen entwickelte eine progressive Schwäche
der unteren Extremitäten mit milder Spastik und lebhaften Reflexen,
Rücken- und Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen und Depressionen.
Ihre Eltern insistierten auf der Durchfuhrung eines Lyme-Tests,
(1:256), der dauernd positiv ist. Liquor: 1:512. Das Mädchen wurde
dreimal behandelt, anfänglich zweimal mit Ceftriaxon über jeweils
14 Tage, danach 21 Tage lang mit Cefotaxim. Es konnte eine bescheidene
Besserung erreicht werden, aber sie klagt immer noch über Schwäche.
Die Reflexe sind immer noch lebhaft. Wahrscheinlich wird eine
erneute Behandlung nötig sein.
- Ein zwanzig Monate alter Junge wurde von einer Zecke am Gesäß
gestochen. Innerhalb von 48 Stunden war das klassische ECM vorhanden.
Ein Arzt für Infektionskrankheiten erklärte der Mutter, daß diese
Erscheinung klassisch für Lyme Borreliose sei. Das Kind erhielt
oral Amoxil. 48 Stunden später litt der Patient an Fieber und
hatte einen Infektkrampf, wurde sehr reizbar und war sehr blaß.
Er wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Die Liquoruntersuchung
zeigte einen normalen Druck, 6 Zellen und eine negative Kultur.
Die Sedimentation war normal. IFA 1:128. ELISA 1.23. Die Befunde
waren weniger als zwei Wochen nach Beginn der Erkrankung verfügbar.
Der Patient wird zur Zeit intravenös mit Rocephin behandelt. Langsam
spricht er an, ist aber immer noch belastet.
- Eine junge Frau erkrankte im Alter von 15 Jahren an Lyme Borreliose.
Sie wurde wiederholt wegen starker Kopfschmerzen, Arthralgien,
Hautausschlägen, Gewichtszunahme und leicht positiven Lyme Titer
behandelt. Eine Besserung konnte erst nach viermaliger intravenöser
antibiotischer Behandlung erzielt werden. Sie wurde mit Suprax,
dann mit ERYC oral behandelt und nahm ihr Studium auf. Sie erlebte
ein ausgezeichnetes Jahr mit nur gelegentlichen Kopfschmerzen.
Im Sommer entwickelte sie plötzlich eine peroneale Lähmung und
hatte einen Fallfuß während sie Auto fuhr. Tests im Krankenhaus
ergaben normale CBC, "Chemistry Battery" and "Sed Rate" Werte.
Ihr Lyme Titer war nun definitiv positiv und die Zellzahl im Liquor
war erhöht. Sie wurde mit Rocephin behandelt. Innerhalb von 48
Stunden besserte sich die peroneale Lähmung. Die Infusionen wurden
sechsWochen lang durchgeführt, danach auf orale Medikation umgestellt.
Es geht ihr wieder gut.
- Bei einem sechsjähriges Mädchen wurde juvenile rheumatoide Arthritis
diagnostiziert und entsprechend auf Arthritis behandelt. Es traten
aber Kopfschmerzen, abdominale Schmerzen und Brustschmerzen auf.
Die abdominalen Schmerzen wurden einer Gastritis aufgrund von
zuviel Aspirin zugeschrieben. Lyme Titer war positiv. Sie erhielt
14 Tage lang Rocephin und anschließend 21 Tage lang Claforan.
Danach schien es ihr gut zu gehen. Ein Jahr später entwickelte
sie jedoch eine Optikusneuritis, Arthralgien und Brustschmerzen.
Es erfolgte eine erneute Therapie kombiniert mit Steroiden. Ihr
Sehvermögen kehrte zurück, sie erlitt jedoch einen Rückfall und
wurde dann längere Zeit mit Claforan behandelt. Dabei trat eine
allmähliche Besserung ein. Ihre Sehschärfe kehrte auf 20/20 zurück.
Sie war im Wesentlichen ohne Symptome. Sechs Monate später hatte
sie einen erneuten Rückfall mit Sehstörungen, Kopf- und Gelenkschmerzen.
VERS war unnormal. Lyme Titer war leicht erhöht.
Die Optikuspapillen waren leicht geschwollen. Bei der Liquoruntersuchung
war der Druck normal und der Liquor negativ. Sie wurde mit Claforan
in Kombination mit Steroiden behandelt. Die Sehschärfe verbesserte
sich wieder. Das EEG ist abnormal. Selbstverständlich werden VERS
und die Sehschärfe weiter kontrolliert.
Es ist kontrovers, ob Patienten mehr als einmal behandelt werden
sollten. Seitdem ich gesehen habe, wie eine Besserung nach mehrmaligen
Behandlungen eintritt, trete ich für eine wiederholte Therapie
ein, statt Patienten ihren Symptomen zu überlassen. Es ist nicht
möglich zu wissen wie lange ein Patient behandelt werden sollte.
Ich gewinne jedoch den Eindruck, daß wir wahrscheinlich bei 14-24
Tagen unterbehandeln. Ich empfehle jetzt vier bis sechs Wochen
lange Behandlungen, in einigen Fällen mehr.
EMPFOHLENE LITERATUR
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Ich hoffe, daß diese klinischen Fallstudien und die anderen Informationen
Ihnen von Nutzen sind, wenn sie mit diesem, manchmal sehr frustrierenden,
verwirrenden und herausfordernden Problem zu tun haben, das als
vage Beschwerden erscheint.
BEHANDLUNGSRICHTLINIEN - NEUROBORRELIOSE BEI KINDERN
Intravenöse Antibiotika
- I.V.Rocephin (Ceftriaxon): 2g täglich, entweder 2g in einer Gabe
oder 1g alle 12 Stunden. Bei Kindern ist 1g alle 12 Stunden vorzuziehen.
Wenn das Kind weniger als 40 Pfd (oder weniger als 20 kg hat),
100mg pro kg. täglich in zwei Dosen.
-
I.V. Claforan (Cefotaxim): 2g alles 8 Stunden oder 180 mg pro
Kilo täglich in 3 Dosen.
- I.V. Ampicillin: Maximum 2g alle 4 Stunden bei einem sehr großen
Kind wie etwa ein Teenager, niedrigere Dosen bei jüngeren Kindern
wie 1g alle 6 Stunden oder 1g alle 4 Stunden.
Orale Antibiotika
- Amoxil: einmal täglich 1g oder auch 1500 mg. Falls der Patient
größer ist bis zu 2g täglich.
- Suprax: 400 mg täglich, bis zu 600 oder sogar 800 mg.
- ERYC: 250 mg. per orem qid (4 mal täglich (über den Mund) einnehmen, d. Übers.).
Patienten benötigen eine Behandlung von vier bis sechs Wochen
oder länger, abhängig davon, wie sie darauf ansprechen.
Nach einer intravenösen Behandlung sollte der Patient solange wie
nötig auf orale Antibiotika gesetzt werden.
- Amoxil,
- Suprax, oder
- eine Kombination von Suprax-ERYC
können verschrieben werden.
- Einige
Ärzte ziehen eine kombinierte Behandlung von Bactrim mit ERYC vor.
Verschiedene Medikamente helfen verschiedenen Patienten. Die Entscheidung
wird auf Grund des klinischen Ansprechens des Patienten und seiner
Toleranz gegenüber der Medikation getroffen.
Zusätzlich zu den Antibiotika
Zusätzlich zu den Antibiotika sollte
- Vitamin B-6, 25-50 mg täglich verschrieben
werden, abhängig von Größe und Alter.
- Ein Multivitaminpräparat
täglich.
- Benedryl oder Atarax gegen Jucken oder durch das Medikament
hervorgerufene Hautausschläge.
- Joghurt oder Acidophilus (Milchsäurebakterien) zur Verhinderung
von Durchfall.
- Suprax kann in einer Dosis gegeben werden, die anderen Medikamente
zu verschiedenen Tageszeiten.
- Diamox kann gegeben werden, wenn ein erhöhter Hirndruck besteht.
- Bei ungewöhnlichen Fällen können Steroide notwendig sein, diese
sollten aber nur mit Antibiotika verabreicht werden. Die Anwendung
von Steroiden bei einer Lyme Borreliose ist sehr kontrovers (siehe z.B. Bleiweiss, d. Übers.). Schmerzen
sind schwer zu behandeln. Von Nutzen kann ein Versuch mit einer
trizyklischen Medikation sein wie Elavil und natürlich NSAIDS (nichtsteroidale Antiphlogistika, d. Übers.).
Dorothy M. Pietrucha, M.D., P.A.
Pediatric Neurology
3318 Route 33
Neptune, New Jersey 07753
Telephone: (908) 922-0337
FAX: (908) 922-1631
Version: January 22, 1999